Welche Impfungen für mein Kind? Ein Thema, das ich schnell durchwinken wollte. Mein „Plan“ war, alle empfohlenen Impfungen für unser Kind mitzunehmen. Warum auch nicht, diese Impfungen sind anders als die Corona-Impfung, die haben sich über Jahrzehnte bewährt. Außerdem geht es hier um Kinder, da machen die da oben keinen Schmu. Easy.
Tja, und dann ist es so weit und man beginnt zu denken. Kauft sich das Buch von einem praktizierenden Kinderarzt, das „Maßvoll Impfen“ heißt. Lässt Chatbot GPT nach Studien zu jeder einzelnen Impfung suchen. Kauft Bücher von bekannten Impfgegnern, nur um sich an der Absurdität der Argumente zu frönen. Und dann merkt man plötzlich: es ist gar nicht so leicht, das Vertrauen in die Impfungen für Kinder aufrecht zu erhalten. Man steht schneller in der Ecke der Impfgegner als man denkt. Das liegt vor allem an der 6-fach-Impfung – entweder alle sechs Impfungen oder gar keine davon. Tricky.
Impfung des Kindes: Mehr als eine medizinische Entscheidung
Je mehr ich in die Thematik eingetaucht bin, desto grotesker wurde sie für mich. Die Meinungen und Argumente sind zu komplex, um sich leichtfertig für oder gegen die Impfungen fürs eigene Kind zu entscheiden. Also rauszoomen, worum geht es hier eigentlich? Trifft man hier als Eltern wirklich eine medizinische Entscheidung?
Die Entscheidung bzgl. der Impfungen für Kinder ist in meinen Augen weniger eine medizinische, sondern primär eine soziologisch psychologische. Man sollte sich hierzu fragen:
- Wollen wir als Eltern Teil der Gruppe sein?
- Wollen wir als Impfgegner/Querdenker/Ungeimpfte etc. betrachtet werden?
- Schaden wir unserem Kind mehr mit den etwaigen Nebenwirkungen der Impfungen oder mit dem Stigma, Impfgegner zu sein?
- Können wir eher damit leben, unserem Kind als Teil der Gruppe geschadet zu haben, oder als Besserwisser?
Klar, einfacher wäre es, wenn alle Kinderimpfungen Pflicht wären wie bereits Masern-Mumps-Rötel für den Besuch der Kindertagesstätte. Dann säßen alle im selben Boot. Durch die Wahl werden die Impfungen für Kinder jedoch zum Gefangenendilemma. Warum?
Impfungen und das Gefangenendilemma
Das Gefangenendilemma ist eine Auskopplung der Spieltheorie, ein mathematisches Konzept zur Berechnung der Wahrscheinlichkeit, wie sich die Akteure in einer Interaktion (Spiel) verhalten werden. Beim Gefangenendilemma passiert folgendes: Kooperieren alle Akteure ohne Abstimmung, gibt es für die Allgemeinheit kein Worst-Case-Szenario. Fällt die Kooperation aufgrund von Misstrauen oder Egoismus einer kritischen Masse von Akteuren flach, tritt das ein, was alle (oder die meisten) Akteure vermeiden wollten.
Hier nun in Bezug auf die Impfungen für Kinder:
- Wenn alle Eltern ihre Kinder impfen lassen, sind alle Kinder geschützt (durch Herdenimmunität), und die Auszahlung ist für alle hoch.
- Wenn einige Eltern ihre Kinder nicht impfen lassen, während andere es tun, profitieren die nicht geimpften Kinder von der Herdenimmunität, ohne das Risiko von Nebenwirkungen der Impfung zu tragen. Der Nutzen ist für die nicht geimpften Kinder in diesem Fall höher, während die geimpften Kinder das Risiko von Nebenwirkungen tragen.
- Wenn viele Eltern ihre Kinder nicht impfen lassen, sinkt die Herdenimmunität, und das Risiko von Krankheitsausbrüchen steigt. Der Nutzen ist für alle Akteure gering.
- Im Gegensatz zum klassischen Gefangenendilemma gibt es beim Thema Impfen die Komponente der Kommunikation zwischen den Akteuren. Jedoch ist das Thema emotional aufgeladen, was die Existenz des geläufigen Begriffs Impfgegner veranschaulicht.
- Der Impfzweifler kommt mit weniger aggressiver Konnotation aus, so heißt man aber nicht, wenn man in dieser Hinsicht Zweifel hat. Impfgegner, Wutbürger, Querdenker, Nazi. Hinsichtlich der linguistischen Funktion (d.h. der Diffamierung einer Person) alles eine Nachbarschaft.
In einem “Gefangenendilemma” kann es für jeden einzelnen Akteur rational erscheinen, eine Entscheidung zu treffen, die ihm den höchsten individuellen Nutzen bringt (z.B. nicht impfen, um Nebenwirkungen zu vermeiden), auch wenn diese Entscheidung, wenn sie von vielen getroffen wird, zu einem suboptimalen Ergebnis für die gesamte Gemeinschaft führt (z.B. Krankheitsausbrüche wegen fehlender Herdenimmunität), wodurch genau das eintritt, das auch die egoistischen Akteure vermeiden wollten.
Kinder impfen oder nicht impfen?
Grundsätzlich möchte ich glauben, dass die Empfehlungen der medizinischen Autoritäten der Allgemeinheit und somit auch den individuellen Kindern zugutekommen. Allerdings gibt es noch die Komponente des Kapitals. Können die Autoritäten wahrhaftig integre Empfehlungen aussprechen, oder sind sie gezwungen, gewisse Empfehlungen auszusprechen, um Finanzierungen zu sichern? Nun, und schon geht es weiter mit der Identitätsfrage.
- Welche Art von Eltern wollen wir sein?
- Welches Ausmaß an kritischem Denken wollen wir für unseren Nachwuchs verkörpern?
- Welcher Weg fördert nur Mental Load und Burnout?
- Vielleicht ist das eine noch größere Gefahr für das Kindeswohl als die Nebenwirkungen der Impfungen.
- Inwiefern bin ich ethisch verantwortlich für das Wohl der Allgemeinheit?
- In einer Welt, in der Egoismus vieler Akteure eine sichere Konstante ist.
Zwar habe ich eine Aufstellung für alle relevanten Kinderimpfungen mitsamt Kontroverse und Studien aufgelistet. Allerdings bin ich zu dem Schluss gekommen, dass diese Informationen keine Entscheidungshilfe sind. Sie verunsichern nur. Am Ende können auch Studien Bausteine der (unbewussten) selektiven Wahrheit sein. Darum kommt dieser Artikel ohne diese Auflistung auf. Stattdessen verweise ich für die, die es genauer wissen wollen, auf das Selbststudium. Das Buch „Maßvoll impfen“ gibt ein Gefühl für die Notwendigkeit und Nebenwirkungen der Impfungen. Doch auch mit dem Wissen aus dem Buch kommt man nicht umhin, sich tiefgreifende Fragen zur eigenen Persönlichkeit zu stellen, sofern man nicht blind vertrauen will. Die wichtigste Frage von allen ist dabei vielleicht:
- Wie viel Misstrauen kann ich mir und meiner Familie als Teil dieser Gesellschaft zumuten?