Ein schlechtes Gewissen ist eng verknüpft mit unserer Schlafarchitektur – insbesondere bei hochsensiblen Menschen. Das Problem ist jedoch, dass das Thema Schlaf durch unser immer schneller werdendes Wach-Leben stetig mehr als nervige Notwendigkeit betrachtet wird. Obwohl unsere Schlafzeit der Ausgangspunkt unseres Wohlbefindens ist.

Ausschlafen – Oder: Wie laufe ich mir selbst hinterher?

Wenn man früh für die Arbeit oder die Uni aufstehen musste, kann die Vorfreude auf den nächsten freien Tag oder das Wochenende gar nicht groß genug sein. Endlich wieder ausschlafen! Dann ist es so weit und man gönnt sich abends Netflix und Co., bis einem die Augen zu fallen. Egal, morgen bleibt der Wecker still.

 Übergewichtige auf dem Sofa sieht TV

Am nächsten Morgen wacht man dann irgendwann auf. Der Blick auf die Uhr: 10 Uhr! Man steht langsam auf, putzt sich die Zähne, kommt erstmal klar. Beim nächsten Blick auf die Uhr ist es dann schon 13 Uhr. Wow, die Zeit rast heute aber… Man hat noch nichts geschafft und der Tag ist schon halb vorbei.

 

Mit einem Mal denkt man an die vielen Dinge, die bereits hätten erledigt sein können. Stattdessen ist man gefühlt gerade erst aufgestanden. Schuldgefühle über die eigene Disziplinlosigkeit lassen nicht lange auf sich warten. Allerdings ist eine ausgereifte Kritik am eigenen Schlafverhalten noch zu weit entfernt, denn Ausschlafen gehört doch zu freien Tagen dazu wie Cornflakes am Morgen!

 

Morgen will man es auch besser machen. Auch wenn man nicht raus muss, weil z.B. Sonntag ist, stellt man sich den Wecker auf 7 Uhr und geht zeitig ins Bett.

 

Im Bett kommt die Müdigkeit aber irgendwie nicht. Man wälzt sich hin und her, bis man genervt wieder Netflix einschaltet. Vielleicht noch ein Joint oder ein Bier, um nachzuhelfen. Beides gilt als Einschlafhilfe, sind aber in Wahrheit Killer für Tiefschlaf und einen gesunden Schlafrhythmus. Sie ebnen nur den Weg für ein schlechtes Gewissen am Morgen – oder Mittag. Aber das weiß man nicht, wenn man den Volksmythen vertraut. Irgendwann gegen Mitternacht wird man dann auch tatsächlich müde und schläft ein.

 

Der Wecker schrillt um 7 Uhr los. Horror! Man ist völlig gerädert. Was für ein optimistisches Vorhaben, um 7 Uhr aus den Federn zu steigen. Erst drückt man mehrfach die Snooze-Taste, dann schläft man weiter. Absoluter Stimmungskiller. Für Weitsicht, um spätere Gewissensbisse zu berücksichtigen, ist man noch zu müde. Und außerdem hat man frei, es ist also legitim, sich nochmal umzudrehen. Zum Teufel mit der Schlafarchitektur! Zum Schlaf mit dem Teufelskreis! Da weiß man wenigstens, was man hat – die Illusion der Freiheit. 

Übergewichtige Silhouette ohne Schlafarchitektur spielt nachts auf dem Bett am Smartphone

 

Nachdem man aufgewacht ist, kommt es einem vor wie bei einem Deja-Vü. Schon wieder 10 Uhr! Aber immerhin fühlt man sich besser als um 7 Uhr. Der Tag beginnt also erstmal gut.

 

Wenig später findet man sich im selben Loch wie am Tag davor. Die dicke Wolke an schlechtem Gewissen und Schuldgefühlen übers lange Schlafen begleitet einen den ganzen Tag und lähmt regelrecht. Die Stunden verstreichen, sodass auch dieser Tag alles andere als produktiv ist. Anfragen von Freunden für ein spontanes Treffen will man aber auch nicht absagen. Also verdrängt man die eigene Disziplinlosigkeit wieder und lenkt sich ab mit sozialen Kontakten. Wofür lebt man sonst?

 

Nach den ablenkenden Aktivitäten schlägt einem das schlechte Gewissen dann wieder mit voller Wucht ins Gesicht. Das schlimmste ist das abermalige Versagen bezüglich der gesetzten Vorhaben. Man will doch unbedingt diszipliniert sein, aber es gelingt einfach nicht. Dieser Schlaf ist einfach der Feind. Warum verdammt nochmal schlafe ich immer zu lange? Weshalb bin ich abends nicht müde, wenn ich mal früh ins Bett gehe? Wieso schaffen das alle anderen, aber ich nicht?

Die eigene Schlafarchitektur finden

Wer geht seinem eigenen Schlafverhalten schon ernsthaft auf den Grund? Es ist viel einfacher, das Leben weiter mit den ständigen Schuldgefühlen zu bestreiten. Kein Laster ist schwer genug, um nicht vom Selbstmitleid getragen zu werden. Selbstmitleid liebt schwere Päckchen. Diese eigenen sich besonders gut, um die Türen zur Freiheit zu blockieren. Überall sind gute Vorbilder für einen miesen Schlafrhythmus. Warum soll man also genau hier ansetzen? Montags völlig neben der Spur zu sein gehört zur Etikette der Leistungsgesellschaft.

Silhouette schläft auf einem Bürostuhl aufgrund mangelhafter Schlafarchitektur

Ich selbst kenne den Teufelskreis mit dem Schlaf sehr gut. Schlafstörungen gehören auch zu meiner Lebenshistorie. Allerdings musste ich mir vor kurzem eingestehen, dass das Problem an meiner Interpretation von Schlaf lag. Schlaf war immer das notwendige Übel, statt jene Phase, in der ich meinen Erfolg im Wachzustand herbeiführe.

 

Und ja, um das in Schäfchenwolle gepackte Ausschlafen als bösen Wolf zu entlarven, war natürlich ein Paradigmenwechsel notwendig. Es begann mit dem Buch “Tiefschlafformel“. Nicht, dass ich das Buch als Bibel für den Schlaf deklarieren würde, aber es ist ein guter Start für ein neues Schlafbewusstsein. Von da aus muss man sich dann selbst durch den Informationsdschungel hangeln.

 

Fest steht, dass ich an der Notwendigkeit einer fundierten Schlafarchitektur immer vorbeigelaufen bin. 2019 probierte ich aufgrund von vehementen Schlafstörungen einen polyphasischen Schlaf, indem ich alle vier Stunden für 20 Minuten schlief. Das Ergebnis war vielmehr eine psychische Einsturzgefahr statt einer smarten Schlafarchitektur. Allein das häufige Einschlafen misslang fast durchgehend. Immerhin hatte ich damals noch nicht die effektive 4D-Einschlaftechnik zur Hand. Dennoch sehe ich auch heute keinen Mehrwert im polyphasischen Schlaf in diversen Blöcken. Neben den mageren 2 Stunden Schlaf pro Tag ist es auch sehr utopisch, dass man regelmäßig alle 4 Stunden für 20 Minuten Schlafen kann. Vor allem nicht, wenn man – wie ich – als Handwerker arbeitet.

 

Silhoutte schläft im Bett als Symbol für Schlafarchitektur

Mein Traumtagebuch führen, Atemübungen, Sport, Brot backen, neue Ideen ausarbeiten. All das kann ich ohne Stress bei Vogelgezwitscher erledigen, weil ich um 4:30 Uhr wach bin und aktiv werde. Die Produktivität vor 7 Uhr im Sinne meiner Self Care und Kreativität lässt mich mit Leichtigkeit und Tatendrang raus zu Kunden fahren, um meinem Beruf nachzugehen. Eine ernsthafte Schlafarchitektur ist Arbeit vor Spaß, bis der Spaß zur Arbeit wird.

 

Produktiver und selbstbewusster durch eine feste Schlafroutine

 

Ohne Schuldgefühle bezüglich der eigenen Disziplinlosigkeit lebt es sich sehr viel leichter. Und mit Leichtigkeit ist man noch produktiver. Wenn man vor dem Treiben der Menge bereits wach ist und den Tag anführt, statt ihm hinterher zu laufen, geht man mit weitaus mehr Selbstbewusstsein durch den Tag. Den eigenen Schlaf derart zu takten, dass man zum Early Bird wird, für den 4:30 Uhr Ausschlafen bedeutet, ist am Anfang natürlich herausfordernd. Vor allem, wenn man eher zu den Eulen zählt als zu den Lerchen und darüber hinaus noch hypersensibel ist. Aber die Neuroplastizität unseres Gehirns macht eine Änderung der Veranlagung möglich.

 

Daten eines Schlaftrackers zeigen die Resultate einer soliden Schlafarchitektur

An freien Tagen zu lange zu Schlafen hemmt das eigene Potenzial. Vor allem von hochsensiblen Menschen. Mehr noch, einen Wecker zu benötigen, ist ein unfreies Leben. Doch die Möglichkeit zum Ausschlafen wird mit einem durchdachten Schlafrhythmus nicht komplett verdammt. Ausschlafen ist völlig in Ordnung. Man muss die Stunden nur am Abend dran hängen statt am Morgen. Die tägliche Uhrzeit muss lediglich fix bleiben – auch am Wochenende.

 

Sofern du deinen Schuldgefühlen und deinem fragwürdigen Schlafverhalten ein Ende machen willst, lies dir im Anschluss die 25% REM-Schlaf – 11 effektive Schlafhygiene-Regeln für mehr Kreativität und Produktivität durch. Aber verzweifle nicht, wenn dein Tracker nicht direkt einen perfekten Schlaf anzeigt. Die Regeln sind ein Ideal, kein Pflichtheft.

 

Schaffe ich jeden Tag 25% REM-Schlaf? Träum weiter! Solange wir kein ganzes Team für die perfekte Schlafarchitektur einstellen und dazu noch in einer Großstadt wohnen, werden wir niemals immer die gleichen Schlafbedingungen vorfinden. Irgendein Idiot macht immer Krach. Wie immer im Leben geht es darum, einen Kompass zu besitzen, der einem wenigstens sagt, wie weit wir von unserer gewünschten Richtung abgekommen sind.

 

Die Inszenierungskunst von Scharlatan-Coaches 

Motivations-Coach oder Speaker im Anzug spricht in eine Mikrofon in einen leeren dunklen Raum

Viele selbsternannte Coaches bzw. Scharlatane, geben vor, sie würden Perfektion leben und man müsse ihnen nur folgen, um erlöst zu werden. Die Wahrheit ist jedoch, dass die meisten Coaches an ihren Kunden/Klienten etc. nur Selbsttherapie betreiben. Der Irrglaube der Ahnungslosen ist ihre kurzsichtige Heilung. Jeder Coach, der von normalen Leuten horrende Summen verlangt, um ein paar beflügelnde Worte zu vergeben, ist selbst gefangen im Hamsterrad. Warum sonst muss er mit Hilfe (nicht Heilung) hohe Summen verlangen? Weil seine/ihre einzigen Produkte die dunkle Magie der Manipulation ist.

 

Die Profession des Scharlatans ist die Inszenierung von Wahrheit, wo Leere ist. Warum kann ein Coach sich nicht leisten, seinen Mitmenschen in mentaler Not kostenlose, aber effektive Ratschläge und Lebensmotivation mit auf den Weg zu geben? Weil er in Wahrheit ärmer ist als jeder Bettler. Der Bettler besitzt immer noch Ehrlichkeit und muss seine Situation nicht verstecken.

 

Der Scharlatan darf seine wahre Situation nicht offenbaren, denn sie würde zeigen, dass er ohne Bühne nur ein Patient ist. Der Scharlatan ist der Einäugige unter den verzweifelten Blinden. Und eines will er ganz bestimmt nicht: dass seine Mitmenschen das Sehen erlernen.

 

 

Kurzum: Verliebe dich nicht in die Vorstellung an dein neues Super-Ich, das dir ein Scharlatan aufmalt. Dein schlechtes Gewissen über deine Gewohnheiten wirst nur du selbst überwinden können, indem du radikal ehrlich mit dir selbst bist. Decke deine Selbstlügen auf. Kommst du nicht aus dem Bett, weil du am Abend keine Disziplin hattest?

 

Enthaltsamkeit am Abend mag bei mangelnder Disziplin erst einmal hart sein, dafür wird der Morgen umso gesünder und produktiver. Das steigert Selbstwertgefühl und Glücksempfinden. Das wiederum zieht positive Ereignisse und Menschen an. Kein Geld der Welt wird dich besser machen, wenn du deine Fehler nicht selbst aufdeckst.

 

Beobachte dich und dein Schlafverhalten. Schütze dich vor schlechten Einflüssen. Warum machst du die Dinge, die du machst. Behalte dein Geld und investiere es lieber in handfeste Werte statt in Blender. Sammle fundierte Regeln zu einem ausgeglichenen Lebensstil und orientiere dich an ihnen, aber verkrampfe nicht durch sie. Ausbrüche gehören zum Leben und zeigen uns nur auf, warum wir die Kontrolle über unser Leben wertschätzen.

 

Dein individuelles Lebensglück ist nicht käuflich, nur hart – aber: Believe.Will.Prove

 

Lasse die Türen los, die du bisher nicht schließen konntest, nur so werden sich die neuen öffnen, die dich zu einem besseren Ich führen als du dir wünschen konntest. Entwicklung bedarf Zeit und Hingabe. Selbstzweifel sind Prüfungen, die du bestehst, wenn du dein Ziel kennst und weißt, dass dein Weg zum Ziel führt, auch wenn es noch keine Belege gibt. Du weißt, dass der Weg der richtige ist, wenn du alle anderen Optionen realistisch durchdenkst und ausschließen kannst. Was bringt dir eine durchdachte Schlafarchitektur – auch an freien Tagen? Was bringt dir das Ausschlafen?

 

Dein Leben in Freiheit ist ein selbst erdachtes Leben, geführt vom Glauben an die Möglichkeiten des Lebens. Niemand bringt uns das Denken und Glauben bei, das uns als Individuum dient statt den Interessen anderer. Das macht den Weg zur eigenen Freiheit so verdammt schwer. Arbeite somit an deiner Glaubensstärke. Nur ein fester Glaube wird dich stark genug für deinen ungegangenen Weg machen. Ein disziplinierter Schlafrhythmus ist der erste monumentale Schritt in Richtung Freiheit.

 

Lerchen, Eulen und dein zirkadianer Rhythmus

 

Solltest du Krankenpflegerin oder Ärztin sein, die ständig eine Frühschicht bekommt, obwohl du dich mit der Spätschicht viel energetischer fühlst, dann bist du vermutlich eine Eule und für die Arbeit am Abend oder in der Nacht gemacht. Lerchen sind dagegen natürliche Frühaufsteher. Der ständig wechselnde Rhythmus gegen die innere zirkadiane Uhr schadet dem Organismus. Wechselnde Schichtarbeit ist ohnehin ein enorm destruktives Konzept.

 

Setze alles daran, dass du eine regelmäßige Schicht bekommst und so eine gesunde Schlafarchitektur aufbauen kannst, die im Einklang mit deinem Rhythmus steht. Erkämpfe dir die Stabilität notfalls über den Rechtsweg. Dass du Menschen mit deinem Beruf hilfst, darf nicht gleichzeitig bedeuten, dass deine Gesundheit weniger relevant ist. Im Gegenteil. Deine Gesundheit und die deiner Kollegen, müssen immer höchste Relevanz genießen. Insbesondere bei deinem Arbeitgeber.


Bild Copyright: Adobe Stock /©Chika_Milan

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